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The first book. The first micro-project.
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T. W. TONIBOR
Lieber schnell und heftig, statt lang und deftig?! Ja, du hast richtig gelesen. Dies ist der Titel unseres Buches.
Ein Titel, der höchstwahrscheinlich Chaos in deinem Kopf ausgelöst hat:
Erst Irritation & Klarheit, dann Verwirrung.
Erst Schüchternheit & Freude, dann Neugierde.
Erst Kreativität & Orientierungslosigkeit, dann Freiheit.
Genauso wie der Titel dieses Buches, werden auch wir, dich und deinen Verstand mitnehmen, auf eine verrückte Reise. Auf eine Reise, die ein Ende vor dem Anfang hat; auf eine Reise, die auch ohne Gedächtnis unvergesslich bleibt; auf eine Reise, die auch ohne Federn sprunghaft ist.
Wir, das sind Colin und Fiona. Wir sind beide 24 Jahre alt, ähnlich aufgewachsen, ähnlich erzogen worden und sogar ähnlich erfolgreich in unseren Berufen. Gleichzeitig sind wir jedoch total verschieden. Analytisch, spontan, steif, weltoffen, verrückt, unmotiviert, sportlich, begeisterungsfähig, klein, groß. Das sind nur ein paar, der auf uns zutreffenden Adjektive. Im Laufe unserer Reise wirst du uns immer besser kennenlernen und irgendwann wird dir klar werden, wem von uns beiden die jeweiligen Eigenschaften zugeordnet werden können.
Aus diesem Grund, beenden wir hier auch bereits unsere Selbstvorstellung und bevor du umblätterst und mit uns ins Abenteuer startest, bleibt nur noch eine wichtige Anmerkung zu machen: Wenn bei dir irgendwann ein Gefühl der Orientierungslosigkeit einsetzt, drehe dich nicht um und versuche die Vergangenheit in den Einklang mit logischen Strukturen und starren Mustern zu bringen, sondern schaue nach vorn, gehe aus Neugier noch drei Schritte weiter und du wirst sehen, wie deine Orientierung zurückkehrt.
Also, auf geht’s!
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Denn was kann schon schiefgehen, wenn man mit ein bisschen Schwung und Elan sich mitten in den Strom des Lebens wirft! Der Strudel mag einen scheinbar unterdrücken und zeitweise Luft und Kraft rauben, doch jeder weiß, dass man mit dem Strudel nach unten schwimmen muss, um ihm zu entkommen. Daher sollte es immer Ziel sein, die Ruhe zu bewahren und gelassen nach vorne zu blicken. Wie der weise und allwissende Professor Jens Froböse schon immer gepredigt hat: Einen starken Rücken kann nichts verrücken!
Fiona fiel in diesem Kontext eine Anekdote aus ihrem Leben ein: “Es war ein sonniger und warmer Apriltag und ich war mitten in meinen Abiturvorbereitungen, als ich plötzlich krank wurde. Die Liesl, eine gute Freundin von mir wollte vorbeikommen, damit wir zusammen lernen konnten und jetzt musste ich sie anrufen, dass sie besser nicht komme, da ich ja krank war. Ich war sehr traurig, da ich auch mein Training für die restliche Woche absagen musste. Wie sollte ich das nur überleben! Jeden Tag ging ich normalerweise zum Training: montags, mittwochs, donnerstags und sonntags zum Leichtathletik, dienstags und freitags zum Tennis und samstags ging ich laufen. Danach gab es immer einen Bananen Milchshake. Deswegen kaufte meine Mutter auch immer Bananen in Massen ein, da ich zu den Zeiten locker zwei bis drei Kilo Bananen in der Woche unter dem Pürierstab zermalmte. Was würde jetzt aus den ganzen Bananen werden, wo ich ja nicht zum Training durfte und keine Milchshakes mehr machen würde, fragte ich mich verzweifelt. Auf jeden Fall, musste ich ja jetzt die Liesl anrufen und ihr sagen, dass sie nicht vorbeikommen sollte. Da erzählte sie mir doch am Telefon, dass ihre Schwester ganz erpicht darauf sei, heute Nachmittag noch Brot zu backen. Daraufhin, kam mir eine spontane Idee und ich bot ihr an, meine Bananen abzuholen, damit ihre Schwester stattdessen Bananenbrot backen könnte. Es passte plötzlich alles zusammen.
Was ich mit dieser Anekdote sagen möchte: Manchmal kann man im Leben einfach nicht alles planen und wenn man dem Beispiel der grünen Meeresschildkröte folgt, finden sich viele Lösungen auf dem Weg vor einem.”
Ach, da fällt uns doch glatt noch eine weitere Anekdote ein!
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Eine Anekdote von 2015, das Jahr in dem wir uns das erste Mal begegneten:
Die Sonne brannte mit ihrer vollen Kraft vom Himmel und die Sonnenstrahlen spiegelten sich in den seichten Wellen des türkisfarbenen Meeres, während im Hintergrund die monotonen Geräusche eines Schiffsmotors zu hören waren.
Wir befanden uns auf der ART, einem riesigen, weiß schimmernden Kreuzfahrtschiff, welches sich langsam und fast unbemerkt seinen Weg durch den weiten Ozean bahnte. Wir waren schon einige Wochen dort, doch aufgrund der enormen Größe und unseren verschiedenen Interessen an den täglichen Aktivitäten, waren wir uns schon länger nicht mehr über den Weg gelaufen.
Am Anfang sah das noch anders aus: Unsere Zimmer lagen direkt nebeneinander und weil wir beide gerne die Sonne am Morgen genossen, lernten wir uns kennen, während wir bei einer Tasse Tee auf den klapprigen Plastikstühlen vor unseren Zimmertüren saßen und darauf warteten, dass die Dunkelheit der Nacht durch die Helligkeit des Tages verdrängt werden würde. So wurden wir schnell Freunde und so kam es, dass wir auch zusammen zu der riesigen Willkommensshow gingen, bei der wir mit ein paar anderen Gästen zusammen an einem Tisch saßen. Wir lachten viel, erzählten Geschichten, diskutierten über aktuelles Weltgeschehen und waren immer wieder fasziniert von den Lichtern am Rande des Horizonts, die die Küstenstädte markierten.
Es wurde immer später und die anderen Gäste waren schon alle wieder auf ihren Kabinen, da erzählte Colin von einer verrückten Idee. Der Idee, eines Morgens die Sonne von dem Schornstein des Schiffes aus aufgehen zu sehen. Dort ganz oben zu sitzen, die Sonnenstrahlen früher zu spüren, als alle anderen und über den Köpfen der übrigen Gäste die wahnsinnige Aussicht zu genießen. Was ein verrückter Traum!
Wir überlassen es dir, sich vorzustellen, was aus der Idee wurde. Wer weiß, vielleicht half Fiona ihm dabei, diesen Traum zu verwirklichen, aber vielleicht lachte sie auch nur und riet, sich solche verrückten Ideen besser aus dem Kopf zu schlagen…
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Wo wir gerade von aus dem Kopf schlagen reden. Manchmal kann es wahre Wunder wirken, seinen inneren Schweinehund zu überwinden und sich kurz und knackig auf den Weg zu begeben und draußen an der frischen Luft Sport zu machen.
Dabei muss es keineswegs eine zweistündige Ausdauerleistung mit Rekordtempo sein oder ein Krafttraining, das einem den letzten Bananensaft entzieht. Ein guter alter Handstand ist mein Mittel der Wahl, das ich euch an die Hand geben möchte. Aber bitte das Aufwärmen nicht vergessen! Besonders für akrobatische Übungen, sollten die Muskeln, Gelenke und der Kreislauf gut vorbereitet werden. Da kann Colin so viel träumen wie er möchte, aber das Aufwärmen erfordert Arbeit, Konzentration und ein wenig Planung. Schauen wir uns also an, welche Muskelgruppen und Gelenke wir vorher unter die Mangel nehmen wollen. Die Handgelenke und Schultern sind hierbei offensichtlich sehr wichtig, da sie ungewohnt viel Last tragen müssen. Danach sollte aber auch der Nacken nicht vergessen werden und die Beinmuskulatur, je nachdem welche Aufschwungtechnik verwendet wird. Sanft ansteigendes Belasten der Hände in allen Gelenkwinkeln, sowie ein paar Kniebeugen und das Aufdehnen des Schultergürtels, beispielsweise an einer Tischkante, sind Basisübungen, die vor jedem Handstand absolviert werden sollten. Hinzu kommen alle individuellen Übungen angepasst an die generellen und tagesspezifischen Bedürfnisse eines jeden Athleten, egal ob Profi oder Hobby-Athlet.
Sobald wir also mit diesen Übungen durch sind, können wir richtig loslegen. Das genaue weitere Vorgehen beruht jetzt natürlich auf individuellen Zielen und Vorkenntnissen.
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Unabhängig davon, ob Colin sein individuelles Ziel noch erreichte oder nicht, trennten sich unsere Wege leider jedoch erst einmal: Fiona hatte für einen kleinen Aufpreis, ein deutlich größeres Zimmer auf einer anderen Etage ergattern können, so dass wir uns nur noch sehr selten über den Weg liefen: Sie genoss den Sonnenaufgang von ihrem Zimmer aus, Colin von seinem. Sie war um 9 Uhr morgens bereits auf dem Sonnendeck, Colin begab sich zu dieser Uhrzeit erst langsam zum Frühstücksbuffet. Fiona nutzte abends die kühlen Temperaturen, um etwas Sport zu treiben, er spielte zu jener Tageszeit lieber eine Runde Karten mit seinen neuen Zimmernachbarn. Auf diese Weise gingen noch einige Wochen ins Meer und hätten wir nach dieser Zeit noch einmal länger miteinander gesprochen, dann hätten wir wahrscheinlich festgestellt, dass wir inzwischen glaubten, das Schiff steuere zwei komplett unterschiedliche Ziele an. Aber wir liefen uns nicht über den Weg und somit fand dieses Gespräch auch nie statt. Wir reisten unbekümmert weiter: Zusammen auf einem Schiff, welches sich gleichzeitig in zwei Richtungen zu zwei getrennten, individuellen, aber gemeinsamen Zielen bewegte…
Doch eines Tages veränderte sich die Situation wieder einmal: Colins Zimmernachbarn wurden seekrank. Sie gingen bei einem Zwischenstopp von Board und beendeten ihre Reise früher als geplant, so dass Colin nach seinem Tagesausflug etwas bedrückt und einsam zurück auf sein Zimmer kam. Er legte sich auf sein Bett und wollte gerade eine Runde „Spider Solitaire“ auf dem Handy spielen, als er zum Tisch hinüberblickte und dort eine Spielkarte entdeckte, die die Anderen ihm wohl als Abschiedsgeschenk hinterlassen hatten. Welche Karte das wohl war, fragte er sich. Neugierig stand er also wieder auf, ging zum Tisch hinüber und drehte die Karte gespannt um:
Es war das Herz Ass.
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Und wie er da so saß und die Karte betrachtete, schweiften seine Gedanken ab. Ab in ferne Weiten, in denen es kein richtig oder falsch gab, kein gut oder schlecht. Weiten, die noch so fremd waren, dass man ohne jegliche Wertung das Fremde erkunden konnte. Ohne Erwartungen, die dann irgendwann zwangsläufig enttäuscht werden, sondern mit frohen Mutes und Neugierde. Es waren menschenleere Weiten mit einer Natur so wild und ungebändigt, so sanft wie anmutig, dramatisch und doch ganz friedlich. Wenn man seine Augen schließt, kann man den Wind förmlich über das Land und durch den Wald ziehen hören, den Geruch der feuchten Erde wie nach einem Sommerregenschauer in der Nase aufnehmen und die Wärme der Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht spüren. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.
Tagträumereien lenken dich nur von deinen Aufgaben ab. Hör auf zu träumen und geh an die Arbeit.
Er hörte die Stimmen seiner Lehrer aus der Schule noch im Ohr als wäre es gestern gewesen. Aber Tagträumen hat etwas ganz Besonderes an sich, etwas Beruhigendes. Du entfliehst nicht deiner Umwelt, sondern lässt deinem Geist Freilauf sich zu entfalten und die schönen Dinge dieser Welt in dich aufzusaugen und wieder freizulassen. Du bringst dich in Einklang mit deiner Umwelt anstatt sich an ihr aufzureiben. Du bist Teil eines Ganzen und kannst dich mit Hoffnung, Ruhe, frei und dennoch entschlossen deinen Aufgaben widmen. Und das alles, indem du nur kurz die Augen schließt.
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Das ist die wahre Kunst des Lebens und die galt es aufrecht zu erhalten. Es galt zu versuchen, die Tage weiterhin positiv zu sehen und offen zu sein für neue Dinge und neue Bekanntschaften. Die Karte machte Colin auf der einen Seite ein wenig melancholisch, aber auf der anderen Seite gab sie ihm die Kraft und Energie dafür, auf dem Schiff bleiben zu wollen und zu versuchen etwas Neues anzufangen. Er nahm sie an sich, betrachtete sie noch einmal mit einem traurigen Blick und glücklichem Lächeln, schloss dann die Augen und schlief physisch und emotional erschöpft ein.
In den nächsten Tagen trug er die Karte weiter mit sich herum und wanderte mit ihr von morgens bis abends ziellos über das riesige Schiff. Orientierungslos, ohnmächtig, oberflächlich.
Ooo. Von rechts nach links wird das Loch größer. Linear korreliert mit der Zeit und ihren Uhren, deren Minutenzeiger auch erst nach rechts zeigen und dann langsam nach links laufen und damit das Ende von weiteren 60 ungenutzten Minuten einläuten.
Jetzt, wo die einzige Konstante der letzten Wochen auf einmal fehlte, war es schwer für ihn, eine neue Orientierung zu finden. 1 Fitnessraum, 3 Kletterwände, 05 Pools, 2 Sonnendecks, 01 Bar und 5 Restaurants boten zwar genügend Möglichkeiten zur Ablenkung, jedoch nicht zur Findung neuer Lebenskunst. Letztendlich sollte Colin diese auch nicht finden, nein, sie sollte ihm direkt vor die Füße gelegt werden und dann sollte er noch mit der Nase darauf gestoßen werden. Gestoßen werden von und auf Fiona, die nämlich eines Morgens den intrinsischen Drang danach verspürte, lange ausschlafen und spät frühstücken gehen zu wollen. Woher dieser Drang kam? Wir wissen es selbst nicht. Manche mögen es „Gott“ nennen, andere „glücklichen Zufall“ und wieder andere „magische Verbindung“. Unabhängig davon, wie dieser Impuls letztendlich zustande kam und wer oder was für ihn verantwortlich war: Er sollte dazu führen, dass wir uns wieder über den Weg laufen würden und ein Anker ausgeworfen werden würde; ein Anker, der Colin mehr Halt geben sollte, als er sich wenige Minuten zuvor überhaupt nur hatte vorstellen können.
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Mit dieser Hoffnung im Herzen ging er an die frische Luft und drehte sein Gesicht der Sonne zu. Es war ein schöner Tag und er fühlte sich voller Energie. Diese Energie zu bündeln war sein Ziel für den heutigen Tag.
Er hatte schon lange nicht mehr richtig trainiert und sein Körper fühlte sich eher schwach an, wenn er auch nur daran dachte sich irgendwo hochzuziehen oder Liegestütz zu machen. Doch er war fest entschlossen. Wie bündelt man seine Energie jedoch richtig, sodass auch ein ordentliches Training dabei rauskommt. Colin hatte es schon häufig erlebt, dass seine anfängliche Euphorie schnell einer Frustration wich und er sich schwach und unfähig fühlte. Langsames herantasten mit konkreten Aufgaben war seine Devise für heute. Zuerst setzte er sich jedoch auf den Rasen und holte seinen Notizblock raus, den er immer bei sich trug. Ein schlichtes rotes Heftchen, das außen schon ein wenig zerknittert aussah und ein Eselsohr an der unteren rechten Ecke hatte. Er schlug die erste noch freie Seite auf und holte seinen Bleistift aus der Jackentasche. Er schrieb:
-
Ziele:
- Handstand gegen die Wand 2 Minuten halten
- 10 Klimmzüge ohne Unterstützung
- Einbeinige Kniebeugen (10 pro Bein)
- Kräftigung der Bauchmuskulatur
Er guckte sich seine Liste zufrieden an. Ja, so wird das was werden, dachte er zu sich selber. Mit einem klaren Ziel vor Augen würde er sich seine Übungen für den Tag gut zurechtlegen und seinen Fortschritt immer wieder prüfen können. Voller Energie stand er auf und fing an…
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…ihr alles zu erzählen: Von den lustigen, kartenspielenden Abenden mit seinen Zimmernachbarn, über deren plötzliche Abreise, bis hin zu den letzten deprimierten Tagen, die er völlig orientierungslos, dahertreibend auf diesem Schiff verbracht hatte. So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch wieder heraus: Fiona hörte aufmerksam zu, während Colin von den vergangenen Tagen berichtete. Sie nickte verständnisvoll und erzählte dann, dass auch ihre letzten Tage ein emotionales Auf und Ab waren, welches letztendlich darin geendet hatte, dass auch sie ihre sozialen Kontakte an Board verloren hatte.
Jedes Mal, wenn wir diese Geschichte erzählen, denken wir uns an dieser Stelle, dass uns doch spätestens in diesem Moment hätte klar sein müssen, dass wir jetzt einfach wieder mehr Zeit miteinander verbringen würden. Doch für Colin war in diesem Moment noch gar nichts klar. Er war immer noch gelähmt von den letzten Tagen und es fühlte sich für ihn eher so an, als wäre das gerade eins dieser Gespräche, bei dem man sich am Ende noch einen schönen Tag wünscht und dann einfach weiter seiner Wege geht. Doch Fiona sollte ein zweites Mal dafür sorgen, dass dieser Morgen, kein gewöhnlicher Morgen bleiben sollte:
„Also, wenn du noch ein bisschen Geld übrig hast: Das Zimmer neben mir ist gestern frei geworden, du kannst ja auch umziehen.“, sagte sie lachend.
Bam. Es war dieser kurze, mehr scherz- als ernsthaft gemeinte Satz, der den Nebel vor Colins Augen verschwinden ließ und alle wolkenverhangenen Gedanken in seinem Kopf löste. Als wäre in diesem Moment ein Schalter umgestellt worden, spürte er von einer Sekunde auf die nächste die wiedergewonnene Klarheit und auf einmal fühlte es sich so an, als hätten all die Erlebnisse, Entscheidungen und Tätigkeiten der letzten Tage einen Sinn gehabt. Als hätte ihn die ganze Zeit jemand zu genau diesem Augenblick, zu genau diesem Treffen, hinleiten wollen. Und nun war er angekommen in diesem Augenblick und sah auf einmal alles ganz deutlich vor sich: Den neuen Anker, die neue Richtung, die neue Lebenskunst. You can only connect the dots looking backwards.
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Er hob seine Arme…. und stutzte. Er blickte sich verstohlen um, ob ihn jemand beobachtete. Dann bewegte er seine Nase mit einer möglichst kleinen und unauffälligen Bewegung des Kopfes Richtung Armbeuge. Oh je. Hoffentlich war das bisher keinem anderen unangenehm aufgefallen. Er machte sich auf den Weg in seine Kabine und kaum, dass er die Tür hinter sich schloss, sprang er auch schon unter die Dusche. Das warme Wasser auf seinem Kopf war pure Erholung. Es war ein anstrengender Tag gewesen, doch er war zufrieden mit dem Outcome. Er genoss es, wie das heiße Wasser seine Glieder wärmte und beinahe einen Teil der Ermüdung abwusch. Er genoss die Ruhe und den Duft seines Apfelsine-Maracuja Duschgels, das den ganzen Raum mit einer fruchtigen Note erfüllte. Jeder Tropfen Wasser eine Wohltat für seine Haut und seinen Geist. Er atmete mehrfach tief durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus.
Er trocknete sich ab und zog sich seine bequemste Jogginghose an, sowie einen kuscheligen Pullover und ließ sich aufs Bett fallen. Ja, heute war ein guter Tag gewesen. Es braucht nicht viel, dachte er zu sich selber, was einen normalen, langweiligen, bei Zeiten ermüdend eintönigen Tag zu einem erfüllten Tag machte an dessen Ende man sich gut und wohl in seiner Haut fühlte.
Er nahm sich vor für die nächsten Tage einen Plan zu machen. Er wollte auch in diesen Zeiten eine Struktur in seinen Tag bringen, die ihn motivieren würde seine Pflichten zu erledigen, seinen Fitnessplan einzuhalten und sich Momente rauszunehmen für sich selber. Zeit für Dinge, die ihm schlicht gut taten, ihm etwas gaben auf das er sich freuen konnte und die einen Tag von den anderen abheben würden.
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Fiona hatte diesen Tag von allen anderen abgehoben, sie wusste nur noch nichts davon. Doch das sollte sich mit Colins nächstem Satz ändern: „Halt mich für verrückt, aber auch wenn du das gerade vielleicht eher im Spaß meintest: Ich glaube ich mache das wirklich. Ich bin eigentlich kein impulsiv entscheidender Mensch, aber gerade fühlt sich es einfach nur richtig an, diesem Impuls zu folgen.“ Bum.
Impulse, Informationen, Entscheidungen, Drucksituationen.
Abstand vergrößern, Puls verringern, logisches Denken neustarten. Was, wie, wo?Völlig überrumpelt musste Fiona erstmal ihre Gedanken sortieren: Will er das jetzt wirklich machen? So ganz spontan, zwei Wochen bevor wir den Zielhafen erreichen würden, nochmal den Aufwand betreiben und umziehen? Ergibt das wirklich Sinn?
Zeit, Kosten, Aufwand? Kopf.
Aber gut, eigentlich hat er ja recht, das wäre bestimmt wieder ziemlich lustig. Wir hatten damals super viel Spaß und in der aktuellen Situation passt es einfach gut.
Gefühl, Intuition, Momentum? Herz.
Während die Gedanken durch Fionas Kopf schossen, sprachen ihre Gesichtsausdrücke Bände. Colin beobachtete sie ganz genau und so wusste er bereits vor ihrer Antwort, was sie sagen würde. Voller Tatendrang lief er zur Rezeption, buchte sein neues Zimmer, packte all seine Sachen und wenige Stunden später saßen wir wieder zusammen vor unseren Zimmertüren und schauten diesmal dem Sonnenuntergang entgegen. Im Schein der letzten Sonnenstrahlen holte Colin sein Portemonnaie aus der Hosentasche, nahm die Karte mit dem Herz Ass heraus und legte sie auf den Tisch. „Diese Karte begleitet mich schon sehr lange und sie wird nun auf uns beide aufpassen.“
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Glücksbringer sind schon ein spannende Sache. Sie entstehen meist aus dem Nichts und werden alleine durch die Bedeutung, die wir ihnen geben zu etwas Besonderem. Dabei kann praktisch jedes Objekt zu einem Glücksbringer werden, egal ob es sich um einen nassen Socken, eine Münze einer längst vergessenen Währung, ein Foto, ein Kleidungsstück oder eben eine Spielkarte handelt. Allein durch den Akt, dass wir daran glauben, dass dieses Objekt etwas Besonderes an sich hat oder bestimmte Fähigkeiten mit sich bringt, lässt es wahr werden. Wir werden selbstbewusster und optimistischer und unsere ganze Wahrnehmung ändert sich. Ohne, dass der Glücksbringer per se etwas an dem Lauf der Dinge ändern muss, steigt die Wahrscheinlichkeit eines positiven Ergebnisses oder einer Wendung die wir als positiv bewerten. Glücksbringer geben uns Halt, wenn wir uns sonst nirgendwo festhalten können und bilden somit eine Konstante.
Fiona betrachtete die Karte, die Colin ihr entgegen streckte. Es war eine schlichte Spielkarte aus einem französischen Kartendeck. Das Herz Ass. Man konnte an den Ecken der Karte sehen und an der Oberfläche spüren, dass sie schon sehr häufig in die Hand genommen wurde. Was für ein Leben die Karte wohl hinter sich hatte, was für Geschichten sie erzählen könnte, fragte sie sich. Vor ihren inneren Augen liefen Bilder vorbei von einer gut gekleideten französischen Familie, die die nagelneuen Karten, für das erste Mal aus ihrer Verpackung holen und für eine Partie Rommé auslegt, wie nach etlichen Partien das Kartenspiel eines Abends im Urlaub vergessen wird, wie der Barkeeper es einsteckt, seinem Sohn schenkt. Dieses Strahlende Lächeln vor lauter Freude! Wie dieser später als Matrose mit seinen Kollegen abends bei Kerzenschein in der Kajüte um die letzten Münzen des Lohns spielen. Wie… Sie hob erschrocken den Kopf. Colin sah sie erstaunt an. “Ist alles in Ordnung?”, fragte er. “Du hast seit fünf Minuten nichts mehr gesagt.”
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Fiona schaute Colin wehmütig an, während im Hintergrund die Umrisse einer riesigen Stadt immer näher kamen. In dieser Stadt lag der Zielhafen unseres Schiffes und markierte damit das Ende unserer Reise. „Ja, es ist alles in Ordnung. Entschuldigung, ich war gerade mal wieder in einem meiner Tagträume versunken. Es ist unglaublich, was in der ganzen Zeit auf diesem Schiff alles passiert ist und es fällt mir schwer mir vorzustellen, bald nicht mehr hier zu sein. Nicht mehr das Schaukeln des Schiffes zu spüren, nicht mehr das Meer zu sehen.“
Abschied nehmen ist schwer und leicht.
Unter der Betrachtung des Verlustes einer unglaublichen Zeit und des Gewinns der neuen Erfahrungen.
Unter den Gedanken der Reduzierung von Erlebnissen und der Bereicherung durch neue Einblicke.
Unter den Gefühlen der Ängste vor dem nächsten Lebensabschnitt und der Rückschau auf die neu gewonnene Lebenserfahrung.
Wechsel die Perspektive, versuche dankbar zu sein und werde dadurch glücklicher.
Glück ist das richtige Stichwort; denn wir hatten Glück: Glück, dass wir uns nochmal über den Weg gelaufen sind, Glück, dass unsere Situationen so gut zueinander passten und Glück, dass wir danach noch weitere unglaubliche Abenteuer & Erlebnisse sammeln durften. Denn nachdem auch Colin umgezogen war, erlebten wir eine Woche voller Orientierung, neuer Ideen, Einflüsse und Unternehmungen. Zusammen ist es möglich, zusammen ist es leichter, zusammen ist es komplizierter. Höhen & Tiefen, Lachen & Weinen, Sonne & Regen.
Nach dieser Woche hatten wir 23 verschiedene Gerichte, aber 0 Cocktails getestet, waren 6x im Pool gewesen und hatten 20 verschiedene Wege zum Mittagsbuffet gefunden und währenddessen war Fiona 1x auf den nassen Fliesen neben dem Pool ausgerutscht und hatte danach einen Schnitt unterm Fuß, der mit 5 Stichen genäht werden musste. Die Zeit verging wie im Schiff und nun war es eben nicht mehr lange und wir würden an unserem Zielhafen anlegen. Anlegen um abzulegen.
Und dann war da noch dieses Herz Ass.
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Dieses Herz Ass sollte anscheinend bleiben. Es sollte überdauern, wie ein Polarbär im Winter der kalten Antarktis.
Was sie doch dafür geben würde einmal Seite an Seite mit anderen Tieren zu leben und deren Leben besser zu verstehen. Einmal als Eisbär Baby mit der Mutter zusammen für das allererste Mal den Unterschlupf verlassen, in dem man die letzten Monate verbracht hatte. Die ersten Sonnenstrahlen grell und doch wunderschön zu betrachten und zu staunen wie sie sich in dem alles Umfassenden, nicht enden wollenden weiß widerspiegelten. Mit tauben Beinen den Schneehang herunter zu stolpern, schlitternd und purzelnd und sich unten angekommen an das weiche Fell von Mama zu schmiegen. Oder ein Orang-Utan im Dschungel auf Borneo zu sein und mit langen haarigen Armen nach Lianen zu greifen und elegant und instinktiv von Baum zu Baum zu schwingen. Einen Schrei tief aus der Kehle heraus auszustoßen und das Gefühl der absoluten Freiheit zu genießen. Die Neugierde zu verspüren, mit der ein Löwenbaby seine Umwelt erkundet und seine Fähigkeiten Fährten aufzunehmen spielerisch erprobt. Sich mit seinen Brüdern und Schwestern zu raufen und durch den staubigen Boden der Wüste zu rollen. Die Wärme unter den Pfoten zu spüren, während man sich langsam und ganz leise an eine verirrte Antilope heranpirscht, um es dann im letzten Moment zu vermasseln, weil ein kleiner Ast unter den kleinen Pfoten zerbricht und die Antilope aufschreckt. Trotzdem mit Eifer und von Instinkten getrieben einen großen Satz nach vorne zu machen, um die Beute zu fassen. Jeden Muskel in seinem Körper zu spüren, die perfekte Harmonie des Zusammenspiels aller Muskeln und Sehnen wahrzunehmen. Dieser kurze Sprint war ein reiner Flow Zustand und exakt worauf dieser Körper optimiert war. Dann erschöpft von den Abenteuern des Tages sich wieder in der vertrauten Gemeinschaft an seine Familie zu schmiegen und einzudösen. Es gibt so viele Dinge, die wir von der Lebensweise der Tiere lernen können und vermutlich etliche Instinkte, die wir nach wie vor mit ihnen teilen, die in uns fest verankert sind. Doch der vermutlich am stärksten noch vorhandene Trieb ist der nach Gemeinschaft und Geborgenheit. Und so sehnte auch sie sich danach, ihren Kopf an jemands Schulter abzulegen und mit der wohlig warmen Gewissheit zuhause zu sein, die Augen zu schließen. Mit diesem Gedanken drehte sie sich um und riss erstaunt die Augen auf…
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…als sie bemerkte, dass Colin nicht mehr neben ihr saß. Wir hatten gerade von einer netten Verkäuferin ein Eis geschenkt bekommen und dieses in aller Ruhe gemütlich auf dem Sonnendeck genossen. Doch während Fiona noch in den Erinnerungen der letzten Wochen schwelgte und ihr Blick über den Horizont schweifte, war Colin mit seinen Gedanken schon wieder bei dem Herz Ass: Die Karte sollte weiter reisen, weiter beschützen, weiter Kraft spenden. Für uns endete die Reise hier und sie sollte nun einen neuen Besitzer finden. Aber wie?
Optionen, Vergleiche, Worst-Case-Szenarien, Chaos & Stress im Perpetuum mobile der Gedanken. Erhöhter Puls, verringerter Schlaf.
Ohne ein Wort zu sagen, war Colin aufgestanden, zu seinem Zimmer gelaufen, hatte die Spielkarte unter seinem Kissen hervorgeholt und lief nun zurück zu Fiona und seinem inzwischen bereits fast komplett geschmolzenen Eis. Er erzählte ihr von seinem Plan und gemeinsam machten sie sich auf die Suche nach einem neuen Besitzer ihres Herz Asses.
Tja, wer sollte es bekommen? Gab es eine Bestimmung für den nächsten Besitzer? Ein äußeres Zeichen, welches uns klarer sehen ließe? Wie Forrest Gump sich damals schon fragte: Waren wir Feder im Wind oder Entscheider?
Stundenlang beobachteten wir andere Mitreisende, überlegten und diskutierten und waren uns am Ende doch nicht sicher, wer denn jetzt der Richtige für unsere „Beschützerkarte“ sein würde. Und so sollte sich alles in den allerletzten Minuten unserer Reise entscheiden. Spontan, nach Gefühl, ohne Plan, mit Zeichen.
Das Schiff lag bereits im Hafen, wurde vertäut und für den Ausstieg vorbereitet, während wir immer noch unsere Karte in der Hand hatten. Wir waren frustriert und kurz davor sie einfach wegzuschmeißen und aufzugeben. Doch dann gab uns das Schicksal doch noch ein Zeichen: Wir waren auf dem Weg zur Gangway, als uns zwei junge Männer entgegenkamen, die nicht den Anschein machten, als würden sie jetzt gleich von Board gehen wollen. Ganz im Gegenteil: Ihrer Hautfarbe nach zu urteilen, waren sie erst vor kurzem zugestiegen.
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Wusstest du eigentlich schon, dass die Haut das größte Organ des Körpers ist? Bei einem Erwachsenen Menschen entspricht das einer Oberfläche von ungefähr 1,5 bis 2 Quadratmetern! Allgemein ist die Haut schon ziemlich faszinierend. Mit ihren verschiedenen Sinnesrezeptoren enttarnt sie uns nicht nur durch erröten, wenn wir peinlich berührt sind, sondern ist auch ein wichtiges Sinnesorgan, indem sie uns Aufschluss über Temperatur, Druck und Schmerz gibt. Als Barriere zur Außenwelt spielt die Haut natürlich auch eine große Rolle für das Immunsystem. Gesunde Haut hält Viren und Bakterien, aber auch UV-Strahlung ab, sie hilft, dass der Körper nicht austrocknet und dass unsere Körpertemperatur konstant bleibt. Vorallem bei Brandopfern mit einem großflächigen Brandschaden, ist die Gefahr einer Infektion über die geschädigte Haut ein großes Risiko. Immerhin erneuern sich Hautzellen kontinuierlich und ermöglichen großflächige Regeneration. Jede Minute verlieren wir zehntausende toter Hautzellen, die dann neuen, frischen Hautzellen Platz machen. Damit erneuern wir unsere oberste Hautschicht, alle vier Wochen. Denn die Hornhaut an der Oberfläche nutzt sich schnell ab und innerhalb von vier Wochen verhornen neugebildete Hautzellen und wandern an die Oberfläche. Diesen Prozess der kompletten Hauterneuerung durchlebt ein Mensch in 80 Jahren Lebenszeit rund 1.000 Mal. Faszinierend oder nicht?
Außerdem können Hautzellen mit dem Einfluss von Sonnenlicht Vitamin-D produzieren. Dabei scheint hellere Haut in der Lage zu sein die UV-B-Strahlung besser zur Vitamin-D Produktion zu nutzen. Menschen mit dunkleren Hauttypen, die in nördlicheren Breitengeraden leben, und Menschen, die ihre Haut in der Sonne Großteils bedecken, sollten daher ein Auge auf ihren Vitamin-D Haushalt haben, um einer potentiellen Mangelerscheinung entgegenzuwirken.
Also pflege deine Haut gut, um sie gesund und elastisch zu halten und wenn du dich manchmal einfach unwohl in deiner Haut fühlst, erinnere dich daran: alle 28 Tage hast du ja praktisch wieder einer komplett Neue!
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Aber in diesem Moment fühlten wir uns nicht unwohl. Ganz im Gegenteil: Wir fühlten uns sehr wohl und gleichzeitig magisch zu den beiden hingezogen. Ohne lange nachzudenken erzählten wir ihnen die Geschichte unseres Herz Asses und warteten gespannt auf ihre Reaktion. Und tatsächlich: Nach der ersten Sekunde des Überrumpeltseins kam ein Lächeln auf ihre Lippen. Die beiden schauten sich kurz an und ohne lange nachzudenken, nahmen sie die Karte in ihre Hände. Auch sie spürten die Energie in diesem Moment, und auch sie wussten, dass es Bestimmung war, diese Karte zu erhalten. Alles so, als hätte es von Anfang an so sein sollen.
Als wir eine Minute später von Board gingen fühlte sich alles rund und leicht an. Es war der richtige Abschluss gewesen. Der richtige Abschluss sowohl im Großen durch unser Wiedertreffen, als auch im Kleinen durch die erfolgreiche Weitergabe des Herz Asses. Es war ein Abschluss, den Colin nie hatte kommen sehen, der aber vielleicht genau so hatte kommen sollen. Die Feder im Wind.
Kurz nachdem wir von Board gegangen waren, holte das Schiff die Gangway ein, entfernte sich langsam vom Hafen und Minute für Minute spürten wir den Boden fester unter unseren Füßen.
Es war der Boden der Zukunft. Ein fester & weicher Boden mit Steinen, Bäumen, Brücken und … einem Trampolin. Das Trampolin lässt das Herz höherschlagen. Höherschlagen und höherspringen in einen neuen Abschnitt 🙂
Fester Boden hat feste Bahnen. Bahnen im Schwimmbad. Im Schwimmbad mit Wasser. Mit Wasser aus dem Meer. Aus dem Meer mit Kreuzfahrtschiffen.
Sehnsucht.
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Trotz aller fester Bahnen, die in den folgenden Jahren auf uns zukommen sollten, haben wir die Zeit auf dem Schiff doch nie ganz aus dem Auge verloren. Sie hat uns geprägt und eine kleine Flamme in uns geweckt, die stetig weiter brennt. Mal heller und mit brennender Dringlichkeit, mal sanft und leise. Doch einmal entzündet, kann diese Flamme nichts mehr ersticken. Es ist die Sehnsucht nach dem Fremden, dem Unbekannten, dem Ausreißen aus Strukturen und dem sich Umhüllen lassen von Neuem. Wenn man einmal an einem fremden Ort ein Zuhause gefunden hat, wird man nie wieder mit ganzem Herzen zurückkommen. Ein Teil des Herzens wird an diesem Ort bleiben und einem weiter wohlige, teils sehnsüchtige Gedanken senden, wenn man sich an die Gerüche und Geräusche, die Anblicke und Lieblingsorte aus dieser Zeit zurückerinnert. Die Balance zu finden, diese Flamme zu nähren, mag nicht immer ganz einfach sein und manche Lebenslagen ermöglichen dies recht einfach, während in anderen die einzige Möglichkeit ist, in vergangenen Erinnerungen zu schwelgen und von ihnen zu zehren. In Momenten, da das Verreisen aus welchen Gründen auch immer nicht möglich ist, werden Fotoalben gestaltet und angeschaut und Reiseberichte gelesen, die die Phantasie beflügeln. Genau für solchen Zeiten ist die nächste Geschichte gedacht.
Eine Geschichte, die einen gleichwohl aus dem Alltag herausholt und dabei eine Reise ins Ungewisse erlaubt. Doch keine Sorge, Du bist bei uns bestens aufgehoben!
Unsere Reise beginnt mit Rattern und Dampfen, mit Fußgetrampel und Geschreie. Es ist laut und stickig und der Raum wird seit Wochen nur von einem schummrigen Licht beleuchtet, dass durch die wenigen kleinen, runden Fenster fällt. Schließe kurz die Augen und atme einmal tief durch. Versetze dich mit jedem Atemzug tiefer in die Situation. Nun öffne die Augen und sieh dich um.
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Oh man, was für eine Scheiße! Hier ist ja alles super dreckig, staubig und eintönig! Graue Wände, graue Boxen, grauer Tag. Grrr … genervt.
Naja, aber irgendwie versuchen, das Beste draus zu machen, nach vorne zu schauen, in sich hineinzuhorchen, das innere Kind zu finden und das Gelernte und die Erkenntnisse über die Kontrolle seines Geistes und Gemüts anwenden.
Und da kommt dann auch schon der Erfolg und man glaubt, man habe es geschafft, man glaubt, man sei wieder oben auf, man glaubt, man habe die Macht über das Zusammenspiel von seinen Gedanken & Gefühlen zurückerlangt und könnte sein Glück & seine Stimmung wieder selbst in die Hand nehmen. Doch dann kommt wieder diese innere Stimme, dieses Ego, dieses falsche Selbst und redet einem ein, dass man sich den Erfolg doch nur eingebildet hat und sorgt damit wenige Augenblicke später auch tatsächlich dafür, dass dieser Erfolg wieder in Asche zerfällt.
Also: Einatmen, ausatmen. Inhale, exhale. Inhal, exhal. Wie damals beim Yoga. Fernweh nach der Liebe.
Als nächstes entwickelt man dann Aufgaben, um etwas zu tun zu haben und damit wieder im Aufwind fliegen und aus dem Strudel herauskommen zu können. Doch dieses Spiel ist riskant: Eine Windböe kann den Aufwärtsstrom jederzeit wieder abbrechen lassen und man muss wieder ganz von unten anfangen. Und wenn das passiert, kommt die digitale Ablenkung ins Spiel: Handy, WhatsApp, Netflix, YouTube, Süßigkeiten. Gedanken mit Dopamin verdrängen.
Doch so soll es nicht sein! Nicht abkappen und verdrängen, sondern Kontakt zum Inneren herzustellen und ausgeglichen sein mit seinen Gedanken und Gefühlen. Mit diesem Plan im Kopf, kommt man dem Ziel immer näher. Langsam, aber stetig. Dafür lässt man am Ende des Tages noch einmal die letzten Stunden Revue passieren, lernt Neues und ist dankbar für “Großig-” sowie Kleinigkeiten.
Und jetzt kann man erstmal schlafen und Energie tanken für einen neuen Tag, an dem alles wieder ganz anders aussehen wird, man ein Stückchen besser sein wird und man mit seinen neuen Erkenntnissen von vorne anfangen kann. Denn auch an diesem neuen Tag des wunderbaren, schönen Lebens wird es wieder heißen: Öffne die Augen und sieh dich um.
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Es ist dunkel, nur ein gedämpfter Strahl Licht kommt durch eine kleine Fuge im Holz. Sie hatte sich mühsam in eine der vielen Holzkisten gestohlen. Es war gar nicht so einfach gewesen, mit den recht eng am Körper anliegenden Flossen den Deckel aufzuhebeln. An den anderen Kisten hochzuhüpfen, um dann in die Kiste zu springen, war wiederum ein Kinderspiel dagegen. Sie hatte sich unter ein paar in der Kiste liegenden Decken versteckt und gewartet bis jemand die offene Kiste gefunden und den Deckel wieder geschlossen hatte.
Jetzt spürte sie, wie die Kiste unsanft hochgestemmt wurde und sie hin und her schaukelnd ihre Reise begann. Als die Kiste abgestellt wurde, stieß sie sich den Kopf am Deckel und musste benommen einen kleinen Aufschrei unterdrücken. Das fing ja gut an, dachte sie sich. Aber dann wurde es ruhig. Die Aufregung kroch langsam durch ihren Magen und ließ ihren Herzschlag ansteigen. Sie konnte es kaum erwarten zu sehen, wo sie gelandet war. Der Temperatur in der Kiste nach zu urteilen, musste es warm sein draußen. Aber wie konnte sie das in Decken gehüllt schon so genau sagen. Sie wartete noch einige Minuten, doch als es immer noch still um sie herum war, fasste sie sich ein Herz und drückte mit ihrem Kopf den Deckel einen Spalt breit hoch, um nach draußen zu spähen. Es wurde schon Abend und der Hafen wurde von der untergehenden Sonne in ein tief orangenes Licht getaucht. Wunderschön, dachte sie bei sich. Sie blickte nach rechts. Ungefähr 20 Meter entfernt konnte sie ein paar Männer sehen, die sich anscheinend über den Inhalt einer der Kisten zu streiten schienen. Sie schienen nicht sehr aufmerksam zu sein für Dinge um sie herum. Ein Blick nach links. Niemand. Langsam drückte sie den Deckel der Kiste noch etwas weiter nach oben. Immer darauf bedacht die Männer rechts von sich im Auge zu behalten. Dann schob sie den Deckel nach hinten. Sobald die Öffnung groß genug war, machte sie einen Satz auf den Rand und dann auf den Boden. Sie hielt inne. Dies war ein besonderer Moment, ihre ersten Schritte auf fremden Boden! Sie war gespannt, was sie erwarten würde!
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Das Erste was sie sah, waren die Strahlen der Sonne, die gerade zwischen zwei Hochhäusern hindurch kamen und auf eine gelbe Häuserfassade trafen, die dadurch noch kräftiger leuchtete, als ihr eigentlicher Farbton zulassen würde. Wie schön! Sie ging einige Schritte weiter, drehte ihren Kopf nach links und sah weitere rote, gelbe, grüne, pastellfarbende, leuchtende Häuserfassaden. Wow! So bunt hatte sie sich den Hafen einer Großstadt wie New York gar nicht vorgestellt!
Voller Freude über die positive Überraschung, spazierte sie weiter: Vorbei an bunten Zebrastreifen, farbigen Luftballons, pinken Fahrrädern, blauen Fahnenmasten und orangenen Mülleimern.
Ein Endorphin-Boost ohne Drogen? Ein Endorphin-Boost mit Drogen? Ein Endorphin-Boost mit ohne Drogen! Ein Endorphin-Boost mit Positivität!
Leicht hüpfend steuerte sie auf eine belebtere Straße zu und mit ihrem Lächeln im Gesicht strahlte sie die ihr entgegenkommenden Passanten an und brachte dadurch auch diese wiederum zum Lächeln. Es sprang über, von Person zu Person, immer häufiger, immer weitere Kreise ziehend. Es war wie eine Pandemie. Eine Lächel-Pandemie. Eine Lächel-Pandemie, die sich stärker und schneller ausbreitete, als alles andere auf dieser Welt. Haben sich beim Lesen dieses Satzes nicht etwa auch bei dir gerade die Mundwinkel nach oben gezogen und ein Lächeln in deinem Gesicht zum Vorschein gebracht? 🙂
Pia hat sie tatsächlich gefunden: Die Pandemie, die sich über das Lesen einer Buchseite überträgt und dem Menschen keinen Schaden zufügt. Nein, sogar ganz im Gegenteil! Beim Lächeln werden mehr Muskeln entspannt, es werden automatisch Glückshormone ausgestoßen und deine Mitmenschen fühlen sich wohl in deiner Umgebung. Also: Verbinde dieses Wort nicht immer nur mit den negativen Ereignissen in der Welt, sondern denk heute an diese kleine Lächel-Pandemie, die du jetzt in die Welt hinaus tragen kannst.
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Und so machte sie sich weiter auf Entdeckungstour. Sie war fasziniert von allem um sich herum. Sie kannte bisher nur weiße Weiten, das große brausende Meer, ab und zu mal ein Schiff mit ein paar Menschen, die irgendwelche Löcher in das Eis gruben und seltsame Klötze in der Gegend verteilten. Was sie damit bezwecken wollten, wusste keiner. Gute Fallen zum Jagen waren es jedenfalls nicht gewesen. Sie war einmal ganz dicht an einen ran gewatschelt. Erst hatte sie Angst gehabt, aber die Neugierde hatte gesiegt und nichts Schlimmes war passiert. Jetzt sah sie sich allerdings um und es gab so viel zu sehen. Nichts erinnerte sie an die eintönige Landschaft, die sie kannte. Alles war bunt und laut und warm und voller Menschen. Sie hatte immer gedacht, dass Menschen in kleinen Rudeln lebten. Sie hatte immer nur Gruppen mit drei bis vier Mitgliedern gesehen. Doch hier waren tausende von ihnen. Sie interagierten nicht viel, aber bewegten sich dicht aneinander vorbei. Es war fast wie in ihrer Kolonie zuhause, dachte sie freudig bei sich. Sie watschelte einen Weg entlang auf hartem grauen Boden, der ihren Flossen auf Dauer etwas unangenehm war, aber sie ließ sich in ihrer kindlichen Begeisterung nicht von solchen Kleinigkeiten stören. Sie wanderte ziellos umher, ließ sich vom Strom der Menschen mitziehen und gab lediglich Acht, dass ihr niemand auf die Flossen trat. Sie schaute durch die Fenster in denen unglaublich viele verschiedene Dinge zu sehen waren. Manchmal standen sogar Menschen in den Fenstern. Mit starren Augen schauten sie sie an und bewegten sich kein bisschen. Es gruselte sie, in diese fast schon leblos-wirkenden Augen zu blicken. Wie machten sie das bloß? Sie wollte gerade an die Scheibe klopfen und fragen, als ein Schwall an Menschen kam und sie weiter drückte. Sie wurde wie von einer Welle mitgenommen und konnte sich nicht wehren. Ansonsten würde sie vermutlich noch zertrampelt werden. Sie wich ein Stück zur Seite aus und war plötzlich in einem kleinen Abteil gefangen. Wie war sie hierher gekommen? Dann fing es plötzlich auch noch an sich zu bewegen. Runde um Runde wurde sie im Kreis gedreht, unfähig sich aus diesem etwas zu befreien, verlor sie die Orientierung.
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Das Schwindelgefühl setzte ein und nach wenigen Sekunden fühlte sie sich wie in einer Art Trance, in der die einzelnen Momente des Tages noch einmal an ihrem inneren Augen vorbeizogen: Dabei sah sie auch wieder die lächelnden Menschen und dachte dadurch wieder an die Lächel-Pandemie und an die Erfahrungen und die Erkenntnis, die sie dabei gewonnen hatte. Denn nachdem am Anfang noch alles gut gelaufen war, hatte sie erkennen müssen, dass auch diese Pandemie bekämpft wurde:
“Ey, was grinst du mich so blöd an!? Guck gefälligst woanders hin und lass mich in Ruhe! Und was soll dieses Kostüm? Werd doch mal erwachsen!”, hatte sie auf einmal ein Mann von der Seite angebrüllt.
Und dann passierte es: Zapp. Als hätte jemand das Farbfernsehen ausgeschaltet, war in diesem Moment alles, was vorher noch so schön farbig gewesen war, auf einmal schwarz, weiß und grau geworden. Graue Häuserfassaden, schwarze Fahrräder, weiße Zebrastreifen & dreckige, dunkle Mülleimer. Auch die Luftballons waren geplatzt und hatten auf dem Boden die einzigen noch verbliebenen Farbtupfer gebildet. Wie ein Flimmern des farbgewaltigen Bildes, welches vorher noch zu sehen gewesen war.
Etwas verdutzt, hatte sie sich erstmal hinsetzen müssen und verarbeiten müssen, was in diesem Moment eigentlich passiert war. Von einer Sekunde auf die Nächste, hatte sich ihre Stimmung um 180 Grad gedreht. Die Aussage des Mannes hatte sie hart getroffen, sie traurig gemacht, verärgert und damit alle Farben verschwinden lassen. Wenn der Aufbau von Freude 10 Minuten dauert, dauert die Zerstörung meist nur einen Bruchteil einer Sekunde. Doch wieso war das so? Wieso kann uns ein unbekannter Fremder mit wenigen Sätzen so stark beeinflussen? Sollten wir nicht viel unabhängiger und selbstbewusster sein? Selbstbewusst und gleichzeitig sozial harmonisch? Fragen über Fragen sausten durch Pias Kopf.
Eine der aufdringendsten Fragen war dabei: Was war nun die Realität? Das farbenfrohe oder das graue New York? Beides erschien so real, doch eins musste doch ein (Alb-)Traum gewesen sein. Die Antwort ist jedoch: Beides ist die Realität. Beides ist die Realität fernab von allen Traumwelten. Beides ist die Realität, die bei vollem Bewusstsein in deinem Kopf entsteht. Denn wie auch Colin bereits damals erkannt hatte: Man ist seines eigenen Glückes Schmied, und man selber ist die einzige Person, die für sein Glück verantwortlich ist.
Nachdem Pia sich diese Gedanken wieder klargemacht hatte, war sie auch wieder in der Lage, positiv zu denken und die negative Stimmung, die der Fremde auf sie übertragen hatte, abzuschütteln.
Und tatsächlich: Wie von Geisterhand, kamen die bunten Farben wieder. Die bunten Luftballons bliesen sich wieder auf, die Häuserfassaden wurden wieder farbig und auch die Mülleimer erstrahlten wieder in vollem orangenem Glanz. Die eigene, innere Einstellung kann so viel verändern: Sie bietet die Möglichkeit, aus einer grauen Welt farbenfrohe Orte zu machen; und das ohne einen Farbeimer.
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Langsam hörte das Drehen auf und sie kam sie wieder zu sich, konnte wieder anfangen einen klaren Gedanken zu fassen. Plötzlich eröffnete sich ein Spalt, der aus diesem Ding herauszuführen schien. Er wurde größer. Als er gerade groß genug für ihren kegelförmigen Körper war, huschte sie schnell hindurch auf die andere Seite. Egal, was sie dort erwartete, es konnte nur besser sein! Erleichtert, dieser Falle entkommen zu sein, beruhigte sich ihr Herzschlag langsam und sie blickte sich um. Sie schauderte, ein gruseliger Anblick eröffnete sich ihr. Sie stand in einer großen Halle, von der aus mehrere Räume abgingen. Die Decken waren sehr hoch und die Wände teilweise von Säulen eingerahmt. Die Halle an sich strahlte etwas ehrwürdiges und majestätisches aus. Das war nicht, was Pia erschaudern ließ. Nein, es war die Einrichtung. Sie begann sich langsam auf einen der Räume hin zu bewegen, der von der Halle abging, um einen besseren Blick zu erhaschen. All die Menschen standen ihr im Weg und versperrten die Sicht. Der Anblick war verstörend, verwirrend, faszinierend. Überall konnte sie lauter andere Tiere sehen. Sie sah Löwen und Zebras, Antilopen und Schlangen. Lebensgroß standen sie da. Ganz still, als würden sie auf den richtigen Moment warten, um anzugreifen. Doch warum, hatten die Menschen alle keine Angst? Sie schienen ganz entspannt, ja sogar neugierig umher zu gehen und sich die Tiere genau anzuschauen. Selbst Kinder liefen zwischen ihren Beinen durch. Pia wanderte den ganzen Nachmittag in dieser bizarren Umgebung von Tieren und Menschen umher. Sie bemerkte recht schnell, dass die Tiere nicht lebendig waren. Warum sie hier waren, konnte sie nicht ausmachen, aber die Masse an Menschen, die sie begutachteten und umher gingen, hatten vermutlich etwas damit zu tun. Neugierig ging auch sie umher, betrachtete Tiere, die sie noch nie zuvor gesehen hatte. Und dann war da ein Raum, wo sie sich selber plötzlich wiederfand. Für einen Moment, als sie ihre Artgenossen sah, wollte sie euphorisch los watscheln. Dann setzte die Erkenntnis wieder ein, dass sie nicht echt waren.
Es wurde spät und sie merkte, wie die Erschöpfung ihrer Reise und ihres aufregenden ersten Tages sich langsam auf ihr niederlegten. Auch ihr Magen fing langsam an zu knurren und nach etwas essbarem zu rumoren. So ein leckerer frischer Fisch wäre jetzt ein Traum. Mit den Gedanken an frischen Fisch legte sie sich zu ihren starr dastehenden Artgenossen und schloss die Augen.
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Zum Glück drehte sich diesmal nicht wieder alles und so konnte Pia ihre klaren Gedanken aufrechterhalten. Klare Gedanken, an leckeren, frischen Fisch.
Fische sind faszinierende Lebewesen: Häufig nicht größer als 50 cm, legen viele von ihnen im Verhältnis zu ihrer Körpergröße unglaubliche Strecken zurück. Forschern zufolge kann beispielsweise ein Lachs während der Laichwanderung 50 bis 100 km an einem einzigen Tag hinter sich bringen und die Gesamtstrecke kann durchaus mehr als 2000 km betragen!
Aber das ist längst noch nicht alles: Hinzu kommt die bis heute teils immer noch ungeklärte, unglaubliche Fähigkeit der Orientierung. Denn zum Laichen, kehren einige Fischarten zu ihrem Geburtsort zurück und zwar so zielgenau, als hätten sie das GPS schon lange vor der Menschheit erfunden. Forscher konnten herausfinden, dass sich die Tiere dabei am Magnetfeld der Erde orientieren. Unklar ist aber weiterhin, in welcher Form diese Karte in ihrem Gehirn aufgebaut und gespeichert ist. Aber es scheint nicht nur Fische mit eingebautem GPS zu geben; manche sind auch mit einer mathematischen Begabung ausgestattet:
Der Koboldkärpfling ist nur 4-7 cm lang, hat ein Gehirn welches ungefähr der Größe einer Erbse entspricht, ist jedoch in der Lage zu zählen! In einem Experiment wurden Koboldkärpflinge zuerst auf eine bestimmte Zahl trainiert und im Anschluss zwei Türen angeboten, die mit einer unterschiedlichen Anzahl an Objekten „markiert“ waren. Unabhängig von der Art & Anordnung der Objekte, war die Fische in der Lage, immer die Tür mit der ihnen zuvor beigebrachten Zahl zu durchschwimmen.
Ist es nicht unglaublich, welche Wunder die Natur hervorbringt und wie wir erst langsam anfangen, diese zu verstehen?
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Mit diesem Gedanken im Kopf, stand Pia auf und machte sich auf den Weg. Dieses Gebäude war ihr nach wie vor ein wenig unheimlich und sie wollte wieder raus an die frische Luft. Im Freien, fern dieser geschlossenen, undurchdringlichen Mauern, fühlte sie sich deutlich wohler. Sie vermisste bereits den Wind auf ihrer Haut zu spüren und die Sonne im Gesicht. Die Sonne. Sie musste das wohl schönste sein, dass Pia sich vorstellen konnte. Hoch oben spendete sie strahlend hell Wärme und ließ Schnee schmelzen.
Pia nahm all ihren Mut zusammen und hielt sich dicht an ein kleines Mädchen, das Richtung der drehenden Kammer lief durch die sie hierher gekommen war. Sie musste sich beeilen und so schnell watscheln, wie ihre Flossen es zuließen, um mit dem Mädchen Schritt zu halten. Sie ging mit ihr in die Kammer und hielt die Luft an. Es fing an sich zu bewegen, doch sie blieb dran und folgte dem Mädchen auf den Fersen nach draußen. Erleichtert und stolz, diese Aufgabe gemeistert zu haben drehte sie ihr Gesicht in die Sonne und genoss einige Minuten die Wärme, das Licht und den Wind. Dann lief sie weiter und reckte jetzt den Schnabel in die Luft, um nach einer Fährte zu wittern. Lag hier irgendwo Meer oder Fisch in der Luft?
Es dauerte ein bisschen, doch dann war er da. So plötzlich, dass Pia abrupt stehen blieb, um ihn nicht zu verlieren. Sie folgte dem Geruch. Hörte sie da etwa eine Möwe kreischen? Voller Energie und Vorfreude legte sie noch einen Schritt zu und bewegte sich weiter in die Richtung aus der sie den Geruch wahrnahm. Dann hörte sie es noch bevor sie es sah. Das Meer. Was ein schöner Anblick. Nach all den grauen Straßen, dem Lärm und den Menschen mit ihren langen Beinen, die ihr immer einen Schritt voraus schienen. Sie hasteten an ihr vorbei und Pia fühlte sich ab und an plump und langsam. Ihr Selbstbild hatte etwas gelitten, mit jedem Bürgersteig, den sie nur mit Mühe hochhüpfte, während neben ihr alle nur einen kleinen mühelosen Schritt zu machen schienen. Doch jetzt sah sie das wunderschöne Blau vor sich. Beim Anblick des Meeres mischten sich die Aufregung und Verwirrtheit der letzten Tage mit der Vorfreude endlich wieder in ihrem Element zu sein.
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Sie schaute sich noch einmal um, betrachtete ein letztes Mal die einzigartige Skyline, ging dann drei Schritte zurück und sprang mit vollem Anlauf ins kühle Nass.
Ah, fühlte sich das gut an!
Sie spürte wie ihr stromlinienförmiger Körper durchs Wasser glitt, ihre kräftigen Flügel mit jedem Schlag mehr Vortrieb generierten und sie sich, im wahrsten Sinne des Wortes, voll und ganz in ihrem Element fühlte.
In ihrem Leben war sie immer mal wieder ein bisschen traurig gewesen, weil sie nicht fliegen konnte und weil sie dachte, dass doch alles so viel einfacher wäre, wenn sie bloß ein richtiger Vogel wäre. Aber in diesem Moment wurde ihr wieder bewusst, wie gut sie es doch eigentlich hatte, wie gerne sie das Wasser des Meeres um sich herum spürte und wie großartig es war, schwimmen zu können. Wenn sie wollte, konnte sie die schönsten Korallenriffe der Welt besuchen, mit Walen und Delfinen tauchen oder mit ihren Pinguinfreunden auf Eisschollen gleitend mit dem Kopf voran ins Meer rutschen. Es würde zwar noch einige Zeit dauern, bis sie wieder Zuhause bei ihrer Familie sein würde, doch sie freute sich jetzt schon darauf, eisige Iglus mit ihren Brüdern zu bauen.
Mit voller Energie machte sie noch einmal drei kräftige, lang gleitende Züge, betrachtete dabei die Sonnenstrahlen, die durchs Wasser glitzerten und schoss dann reflexartig Richtung Wasseroberfläche. Innerhalb weniger Sekunden öffnete sie ihren Schnabel, schnappte 3x wild um sich und spürte wenige Augenblicke später eine zappelnde Sardelle zwischen ihren Kiefern.
Was ein Timing! Perfekt! Frisches Abendessen! Gierig schlang sie die kleine Sardelle hinunter und spülte mit ein wenig Meerwasser nach. Ah, lecker! Erst da bemerkte sie, wie hungrig und müde sie eigentlich war. Die letzten Tage waren erlebnisreich und anstrengend gewesen und diese Erlebnisse mussten ihr Kopf & ihr Körper nun erstmal verarbeiten.
Die Skyline war inzwischen auch bereits ziemlich klein geworden und die Sonne näherte sich immer weiter dem Horizont, so dass sie beschloss einen Ort für die Nacht zu suchen: Sie fand eine kleine, grün schimmernde Insel, auf der sie zufrieden auf einem Felsen und im Schutze eines Baumes einschlief.
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Den nächsten Tag verbrachte sie erholt und gut gelaunt auf und um die Insel herum. Sie schwamm herum, fischte und erholte sich im Schutze der Bäume. Dabei ging sie im Kopf noch einmal die Erlebnisse der letzten Tage durch. Sie hatte etwas Neues sehen wollen, etwas Fremdes und Aufregendes. Das hatte sie auf jeden Fall erreicht. Alleine die Schiffsfahrt war ein Abenteuer für sich gewesen! Sie wusste nur noch nicht genau, wie sie die Menschen einschätzen sollte. Manchmal hatte sie ein Schwall an Euphorie mitgetragen und Pia die Welt der Menschen nähergebracht. Sie hatte Kinder umher rennen sehen und lachen gehört. Sie schienen mutig zu sein und neugierig. So wie sie selber auch. Aber dann gab es auch die Momente in denen sie sich dieser Welt so fremd gefühlt hatte und fehl am Platz. Vielleicht war das ja immer so am Anfang eines Abenteuers, sagte sie sich. Immerhin hatte sie ja Fremdes sehen wollen, da war es vermutlich nur logisch, dass sie sich zu Zeiten fremd fühlte. Sie wollte noch ein paar Tage hier bleiben auf dieser Insel. Es war wunderschön.
Das Wetter war traumhaft gewesen, das Wasser war klar und Pia genoss die Tage völliger Unbeschwertheit. Es hätte das pure Glück sein können, doch etwas nagte an ihr. Sie hatte es schon recht früh bemerkt, doch gut weggedrückt bisher. Jetzt wurde das Gefühl langsam stärker und eines Abends setzte sie sich unter ihren Lieblingsbaum und dachte nach. Was war es was ihr hier am meisten fehlte? Sie fühlte sich sicher, es gab genug zu essen und sie hatte viele Erlebnisse der letzten Wochen zu verarbeiten. Doch eines fehlte. Sie konnte bisher niemanden von ihren Erlebnissen erzählen. Mehr noch, sie konnte diese völlige Freiheit und Unbeschwertheit mit niemanden teilen. Sie musste mit niemanden ihr Fressen teilen, doch konnte daher auch mit keinen ihrer Freunde um die Wette schwimmen, um zu sehen, wer die meisten Fische fängt. Wie kam es, dass sie sich nach Unabhängigkeit und dem Alleinsein gesehnt hatte und jetzt so sehr nach Gesellschaft dürstete?
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Ist es nicht auch bei uns Menschen so, dass wir uns häufig genau danach sehnen, was wir gerade eben nicht haben? Im Winter wollen wir, dass es wärmer wird und wir endlich wieder ins Freibad gehen können. Und im Sommer wünschen wir uns dann, dass es doch endlich kühler werden solle und sehnen uns danach, bald wieder im Schnee die Skipisten hinunterzusausen. Personen mit viel Geld, wünschen sich mehr Freizeit, Personen mit mehr Freizeit, wünschen sich wiederum häufig mehr Geld. Interessant, oder?
Obwohl der Mensch (und bestimmt auch der Pinguin) sehr anpassungsfähige Gewohnheitstiere sind, sehnen sie sich oft nach etwas Neuem, nach etwas Anderem: Uns gefallen Strukturen, Gewohnheiten und klare Muster und wir benötigen diese sogar sehr dringend in vielen Situationen unseres Lebens, doch gleichzeitig langweilen wir uns schnell und wollen etwas Anderes erleben oder etwas Neues erreichen. Ist das nicht irgendwie paradox?
Nein, denn die richtige Mischung machts: Zu viel Chaos tut uns nicht gut, zu viel Gewohnheit aber auch nicht. Die Bestrebung nach genau diesem Gleichgewicht kann sogar dazu führen, dass wir uns nach etwas Gewohntem sehnen, obwohl das eigentlich heißt, dass wir die aktuelle, und daher gewohnte Situation verändern müssen, was wiederum bedeutet, dass wir (zumindest kurzzeitig) das Gewohnte verlassen müssen, um das Gewohnte zu erreichen.
Das Phänomen sich immer das zu wünschen, was man gerade nicht hat, hängt neben unserem intrinsischen „Abenteuer-Antrieb“ außerdem mit unserer kleinen Schaltzentrale namens Gehirn zusammen:
Wir Menschen besitzen die grenzübergreifende, universelle Eigenschaft optimistisch zu sein, welches häufig zu zu hohen Erwartungen eines zukünftigen Ereignisses oder Zustandes führt. Außerdem ist unser Gehirn ziemlich gut darin, sich bei der Betrachtung von anderen Dingen und Lebenssituationen, nur auf das Endergebnis zu fokussieren und dabei aufgetretene Hindernisse und nicht-offensichtliche, negative Seiten gekonnt zu übersehen. In Kombination mit unserem „Special-Feature“ vergangene Situationen immer besser zu bewerten als sie eigentlich waren, führt dies dazu, dass uns ein anderer Zustand häufig reizvoller erscheint, als unser Eigener. Also, genieße einen Moment einfach mal deine aktuelle Situation und denk immer daran: Früher war nicht alles besser 😉
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Ja, so gerne man sich auch von seinen Erinnerungen trügen lassen mag, die doch immer wieder so gerne die schlechten Erinnerungen seitlich unter den Tisch fallen ließen. Früher war nicht alles besser und das war wichtig sich ab und zu wieder klar zu machen. Die Vergangenheit war auch einfach nur einmal die Gegenwart gewesen und wann ist die schon perfekt. Und doch ist es die einzige die wir haben. Egal was passiert ist oder noch auf uns zukommt. Egal wie sehr wir in Erinnerungen schwelgen können oder uns unsere Zukunft ausmalen und sie planen, am Ende des Tages gibt ist nur eine Zeitzone die wirklich zählt und das ist genau der Moment in dem wir gerade leben. Das bedeutet natürlich nicht, dass uns die Vergangenheit nicht geprägt hat und es wichtig ist aus ihr zu lernen und sie daher wach zu halten. Auch bedeutet es nicht, dass die Zukunft schon von alleine kommt und wir uns daher nicht ab und zu mit ihr auseinandersetzen sollten, um ihr mit offenen, wachen Augen entgegenzutreten. Wenn wir nicht nach vorne planen, verschlafen wir womöglich einige Chancen in der Gegenwart. Aber trotz allem kannst du einzig und alleine deine Entscheidungen im jetzt machen und solltest nicht vergessen, zu genießen, mutig zu sein, deinen Weg zugehen, zu lachen, zu weinen, zu lieben, die Meinung anderer über Bord zu werfen und einfach da zu sein.
Eine lange Zeit stand Pia auf einem Felsen am Rande ihrer kleinen Insel und schaute über das Meer. Tief in Gedanken versunken stand sie dort und als sie aus diesen langsam wieder auftauchte, hatte sie ein Lächeln auf dem Gesicht. Sie wusste genau, was sie nun tun wollte. Ohne sich noch einmal umzusehen, machte sie einen Sprung nach vorne und breitete die Flügel leicht aus. Für einen Moment war es, als könnte sie fliegen. Dann tauchte sie Schnabel voran ins tiefblaue Wasser ein.
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